Pflegegrade einfach erklärt: Was bedeutet welcher Grad

Wenn das Thema Pflege und Pflegegrade Neuland für Sie ist, fühlen Sie sich eventuell erst einmal etwas überfragt, wenn das Gespräch mit Ärzten oder Pflegedienst auf dieses Thema fällt. Das muss aber nicht sein, denn eigentlich ist das Konzept der Pflegegrade sehr einfach zu verstehen - und absolut wichtig, für alle, die Pflege benötigen oder Angehörige pflegen! Nur, wer hier den entsprechenden Pflegegrad kennt, kann sich richtig darüber informieren, was ihm an Unterstützung zusteht.

 

In den folgenden Absätzen wollen wir Ihnen Pflegegrade einmal einfach erklären und darlegen, was welcher Grad jeweils bedeutet. Erfahren Sie auch, welche Unterstützung Sie mit welchem Pflegegrad erhalten können.


Welche Pflegegrade gibt es und was bedeuten sie? Welche Ansprüche ergeben sich daraus?

Seit 2017 ersetzen die Pflegegrade die früheren Pflegestufen. Bei der Einstufung steht der Grad der Selbstständigkeit im Mittelpunkt. Insgesamt gibt es fünf Pflegegrade – je höher der Pflegegrad ist und, desto weniger der Alltag allein bewältigt werden kann, desto mehr Pflegeleistungen gibt es. Bewertet werden für die Einstufung Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen, Selbstversorgung, Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen und die Alltagsgestaltung.

 

Mit jedem Pflegegrad steigen die Leistungen der Pflegeversicherung – dazu zählen Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Entlastungsbeiträge, Hilfsmittel, Zuschüsse zur Wohnraumanpassung oder auch die Kostenübernahme für Tages- und Nachtpflege. Es ist also essenziell, den richtigen Pflegegrad zu bekommen, um auch finanzielle Entlastungen zu erfahren.


Pflegegrad 1

Pflegegrad 1 wird vergeben, wenn nur eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt. Das betrifft zum Beispiel Menschen, die alltägliche Aufgaben zwar noch weitgehend selbst bewältigen können, dabei aber viel Zeit oder kleine Hilfestellungen brauchen – etwa beim Duschen oder beim Anziehen, z. B. bei psychischen Belastungen. Der Pflegegrad 1 ist die erste wichtige Stufe, bei der Sie bereits Entlastung bekommen können.

 

Zu den Leistungen gehören z. B.:

 

  • 131 € monatlich für sogenannte Entlastungsleistungen (z. B. Haushaltshilfe)
  • Zuschüsse für Pflegehilfsmittel (bis zu 42 € monatlich)
  • Maßnahmen zur Wohnraumanpassung (z. B. Haltegriffe im Bad)
  • Pflegeberatung nach §37.3 SGB XI


Ein Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen besteht bei Pflegegrad 1 allerdings noch nicht.


Pflegegrad 2

Pflegegrad 2 bedeutet, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vorliegt. Betroffene benötigen regelmäßig Hilfe bei der Körperpflege, beim Essen oder bei der Orientierung im Alltag – zum Beispiel infolge chronischer Erkrankungen, Mobilitätseinschränkungen oder kognitiver Störungen. Typisch ist, dass Pflege nicht rund um die Uhr notwendig ist, aber täglich unterstützende Maßnahmen nötig sind.

 

Leistungen bei Pflegegrad 2 umfassen u. a.:

 

  • 347 € Pflegegeld bei häuslicher Pflege durch Angehörige
  • 796 € Pflegesachleistungen bei ambulanter Pflege durch einen Dienst
  • Entlastungsbetrag von 131 € monatlich (für alle Grade)
  • Zuschüsse zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege
  • Monatlicher Zuschuss zu Pflegehilfsmitteln
  • Zuschüsse zur Wohnraumanpassung

Auch die Kombination von Geld- und Sachleistungen ist möglich.


Pflegegrad 3

Wer in Pflegegrad 3 eingestuft wird, hat eine schwere Beeinträchtigung. Betroffene benötigen in mehreren Bereichen regelmäßig Hilfe – oft auch nachts. Sie können sich nicht mehr selbst versorgen, brauchen Unterstützung beim Gehen, beim Toilettengang oder beim Essen und Trinken. Pflegegrad 3 kommt häufig bei fortgeschrittenen chronischen Erkrankungen, Krebserkrankungen, Demenz oder altersbedingten Multimorbidität vor.

 

Die Leistungen umfassen:

 

  • 599 € Pflegegeld (bei Angehörigenpflege)
  • 1.497 € Sachleistungen für ambulante Pflegedienste
  • Zuschüsse für Kurzzeitpflege (bis 1.854 € jährlich, für alle Grade ab Pflegegrad 2)
  • Verhinderungspflege, Entlastungsbetrag, Pflegehilfsmittel
  • Zuschüsse zu Wohnraumanpassungen und Pflegekursen für Angehörige
  • Pflegeheimkosten werden anteilig von der Pflegekasse übernommen

Mit Pflegegrad 3 lässt sich eine umfassende häusliche Versorgung realisieren.


Pflegegrad 4

Bei Pflegegrad 4 liegt eine schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit vor. Die betroffene Person ist im Alltag so stark eingeschränkt, dass sie fast rund um die Uhr Unterstützung benötigt. Pflegegrad 4 bedeutet meistens, dass auch eine nächtliche Betreuung notwendig ist – entweder durch Angehörige oder durch einen Pflegedienst.

 

Die Leistungen umfassen:

 

  • 800 € Pflegegeld bei häuslicher Pflege
  • 1.859 € für Pflegesachleistungen
  • Kombinationsleistungen möglich
  • Umfangreiche Unterstützung bei Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege und Tagespflege
  • Höhere Zuschüsse für Pflegehilfsmittel und Wohnraumanpassungen

Auch eine Versorgung im Pflegeheim wird in Pflegegrad 4 zu einem großen Teil von der Pflegekasse übernommen.


Pflegegrad 5

Der höchste Pflegegrad ist für diejenigen vorgesehen, die eine schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung haben. Hierzu gehören z. B. Menschen mit fortgeschrittener Demenz oder sehr schweren neurologischen Erkrankungen. Pflegegrad 5 bedeutet: intensive medizinisch-pflegerische Betreuung und dauerhaft erforderliche Aufsicht.

 

Die Leistungen beinhalten:

 

  • 990 € Pflegegeld
  • 2.299 € für ambulante Pflegesachleistungen
  • Weitere Unterstützungen wie in Pflegegrad 4
  • Pflegeheimkosten werden anteilig übernommen – auch hier bleibt ein Eigenanteil

Dieser Pflegegrad ist oft mit dem Einsatz von 24-Stunden-Betreuung oder einer Versorgung in spezialisierten Pflegeeinrichtungen verbunden, die Angehörige nicht leisten können.


Pflegegrade und Leistungen - eine Übersicht

Pflegeleistungen Übersicht
Pflegegrad Pflegegeld (monatlich) Pflegesachleistungen (monatlich) Entlastungsbetrag (monatlich) Pflegehilfsmittel (monatlich) Kurzzeitpflege (jährlich) Verhinderungspflege (jährlich) Wohnraumanpassung (einmalig)
1 131 € 42 € bis zu 4.180 €
2 347 € 796 € 131 € 42 € 1.854 € 1.685 € bis zu 4.180 €
3 599 € 1.497 € 131 € 42 € 1.854 € 1.685 € bis zu 4.180 €
4 800 € 1.859 € 131 € 42 € 1.854 € 1.685 € bis zu 4.180 €
5 990 € 2.299 € 131 € 42 € 1.854 € 1.685 € bis zu 4.180 €

Wer stuft den Pflegegrad ein? Wie bekomme ich einen Pflegegrad?

Die Pflegegrade werden durch ein Gutachten des medizinischen Dienstes (bei gesetzlich Versicherten) oder durch MEDICPROOF (bei Privatversicherten) vergeben. Nach der Beantragung bei der Pflegekasse kommt Mitarbeitende dieser Stellen nach Hause oder in die Einrichtung, in der die betroffene Person lebt.

 

Bei der Begutachtung geht es nicht um einzelne Diagnosen, sondern um die Frage: Wie selbstständig ist der Mensch im Alltag noch? Wie viel Hilfe wird tatsächlich benötigt? Der Antrag auf einen Pflegegrad kann formlos erfolgen – telefonisch, schriftlich oder online. Die Pflegekasse leitet alles Weitere in die Wege.


Wann ist eine Neueinstufung des Pflegegrads sinnvoll?

Eine Neueinstufung sollten Sie immer dann beantragen, wenn sich der Zustand der betroffenen Person deutlich verschlechtert, zum Beispiel durch eine weitere chronische Erkrankung, einen Unfall oder einen Infekt. Auch eine fortschreitende Demenz oder zunehmende Orientierungslosigkeit sind typische Gründe für Höherstufungen.

 

Der Antrag auf Höherstufung läuft wie ein Erstantrag, es erfolgt eine erneute Begutachtung. Wichtig ist, Veränderungen konkret darzustellen: Welche Aufgaben fallen schwerer? Welche neuen Hilfsmittel werden benötigt? Gibt es neue medizinische Diagnosen? Je schneller ein neuer, passender Pflegegrad festgestellt wird, desto besser lässt sich der Alltag organisieren. Deshalb sollten Sie mit einem Antrag auf Höherstufung nie zu lange warten.

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