Checkliste: Die ersten Schritte bei der Beantragung eines Pflegegrades

Ist es notwendig, einen Pflegegrad für sich oder einen Angehörigen zu beantragen, befürchten viele Menschen erst einmal überbordende Bürokratie. Tatsächlich ist die Beantragung eines Pflegegrades aber eigentlich gar nicht so kompliziert. Die ersten Schritte lassen sich mit etwas Vorbereitung oft schon mit wenigen Minuten Zeitaufwand umsetzen.

 

In diesem Blogartikel finden Sie eine Checkliste dazu, wie Sie einen Pflegegrad richtig beantragen und worauf Sie dabei achten müssen. Außerdem erfahren Sie, wie die Begutachtung durch den medizinischen Dienst abläuft und wie schnell Sie mit einem Bescheid rechnen können


Checkliste für die Beantragung eines Pflegegrads

Step 1: Beantragung bei der Pflegekasse

 

Der erste Schritt ist denkbar einfach: Sie stellen einen formlosen Antrag auf Pflegeleistungen bei der zuständigen Pflegekasse. Das geht schriftlich, telefonisch und inzwischen bei vielen Kassen mittlerweile auch online. Wichtig ist nur, dass der Antrag möglichst schnell gestellt wird – denn die Leistungen werden frühestens ab dem Tag der Antragstellung gezahlt, nicht rückwirkend.

 

Wenn Sie für einen Angehörigen den Antrag stellen, weil dieser das nicht selbst bewerkstelligen kann, benötigen Sie eine Vollmacht oder eine gesetzliche Betreuungsbefugnis. Die entsprechenden Ansprechpartner können Sie über Ihre Krankenkasse erfragen – meistens finden Sie auch direkt Informationen auf der Krankenkassen-Homepage.

 

Step 2: Antragsbestätigung

 

Nach Eingang des Antrags erhalten Sie eine Eingangsbestätigung von der Pflegekasse – meistens innerhalb weniger Tage. Damit ist der Prozess offiziell angestoßen. Die Pflegekasse informiert nun den Medizinischen Dienst (bei gesetzlich Versicherten) bzw. MEDICPROOF (bei Privatversicherten), welche die Begutachtung durchführen.

 

Step 3: Pflegeprotokoll für die Begutachtung/Sammeln von Unterlagen

 

Jetzt beginnt die Phase der Vorbereitung – und die ist entscheidend für den Erfolg der Antragstellung. Auch wenn die Pflegekasse keine Unterlagen von Ihnen verlangt, sollten Sie ein sogenanntes Pflegeprotokoll führen. Darin dokumentieren Sie über mehrere Tage oder Wochen hinweg, welche Tätigkeiten im Alltag Unterstützung erfordern: Anziehen, Waschen, Essen, Toilettengänge, Medikamentengabe, aber auch psychische Belastungen oder nächtliche Unruhe gehören dazu.

 

Halten Sie fest, wie oft und wie lange Hilfe benötigt wird – auch kleine Dinge summieren sich und ein lückenloses Protokoll macht einen guten Eindruck. Gut ist es außerdem, Arztbriefe, Diagnosen, Entlassberichte aus dem Krankenhaus oder den Reha-Bericht bereitzuhalten. Alles, was die körperliche oder geistige Beeinträchtigung dokumentiert, kann hilfreich sein. Unser Tipp: Wenn Sie bereits einen Pflegedienst beauftragt haben, suchen Sie den Austausch. Dieser kann das Bild oft nochmals ergänzen.

 

Step 4: Begutachtung durch den medizinischen Dienst

 

Der medizinische Dienst meldet sich in der Regel innerhalb von ein bis zwei Wochen nach Antragstellung, um einen Termin zur Begutachtung zu vereinbaren. Dieser findet entweder in der häuslichen Umgebung oder – wenn der Antragsteller sich im Krankenhaus oder in einer Pflegeeinrichtung befindet – direkt vor Ort statt.

 

Bei der Begutachtung werden klassischerweise sechs Lebensbereiche bewertet: Mobilität, kognitive Fähigkeiten, Selbstversorgung, Umgang mit krankheitsbedingten Anforderungen, Alltagsleben und soziale Kontakte. Jeder Bereich wird mit Punkten bewertet, die am Ende zum Pflegegrad führen.

 

Die Begutachtung erfolgt auf Grundlage dessen, was sichtbar und nachvollziehbar ist. Deshalb sollten Sie an diesem Tag unbedingt alle Hilfsmittel, Unterlagen und das Pflegeprotokoll griffbereit haben. Antworten Sie absolut ehrlich und spielen Sie keine Probleme herunter. Zeigen Sie, wo Schwierigkeiten auftreten, auch wenn das Ihnen oder den betroffenen Angehörigen vielleicht unangenehm ist. Die Mitarbeiter vom medizinischen Dienst sind Profis und absolut vertrauenswürdig!

 

Step 5: Entscheidung über Pflegegrad

 

Nachdem die Begutachtung erfolgt ist, erstellt der Medizinische Dienst ein Gutachten und leitet es an die Pflegekasse weiter. Diese prüft die Einschätzung und erlässt dann einen offiziellen Bescheid – in der Regel innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang.

 

Der Bescheid enthält die Zuweisung zu einem Pflegegrad (1 bis 5) oder eine Ablehnung. Ab Pflegegrad 2 besteht ein Anspruch auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen – je nach gewähltem Modell. Zusätzlich gibt es Entlastungsbeträge, Zuschüsse für Wohnraumanpassungen oder eine Tagespflege. 

 

Wer mit dem Entscheid nicht einverstanden ist, kann das Gutachten anfordern und prüfen. Dort lässt sich sehr genau erkennen, wie die Entscheidung zustande gekommen ist.

 

Step 6: Gegebenenfalls Widerspruch

 

Wenn Sie den Eindruck haben, dass der zugewiesene Pflegegrad nicht den tatsächlichen Unterstützungsbedarf widerspiegelt, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen – das geht schriftlich bei der Pflegekasse. Wichtig ist, dass Sie sich das Gutachten genau anschauen und überlegen, welche Punkte möglicherweise nicht richtig eingeschätzt wurden. Gab es vielleicht einen „guten Tag“ bei der Begutachtung, der den Eindruck verfälscht hat? Wurden bestimmte Einschränkungen übersehen oder falsch gewichtet?

 

Sie können dem Widerspruch eine ergänzende Stellungnahme beifügen, zum Beispiel vom Hausarzt oder dem Pflegedienst. Oft lohnt es sich auch, Unterstützung durch eine Pflegeberatung oder einen Sozialverband in Anspruch zu nehmen. In manchen Fällen folgt ein Zweitgutachten – oder eine Korrektur durch die Pflegekasse.


Welche typischen Fallen lauern bei der Beantragung eines Pflegegrads? Welche Fehler sollte ich auf keinen Fall machen?

Eine der häufigsten Fallen ist es, die Hilfebedürftigkeit zu verharmlosen – sei es aus Stolz, Gewohnheit oder aus dem Wunsch, niemandem zur Last zu fallen. Doch wer bei der Begutachtung sagt: „Das geht schon irgendwie“, riskiert, keinen oder einen zu niedrigen Pflegegrad zu erhalten. Ein weiterer häufiger Fehler ist es, den Antrag zu spät zu stellen. Viele Familien verschenken dabei wertvolle Unterstützung. Auch bei leichter Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad 1) gibt es bereits Entlastungsleistungen.


Kostet die Beantragung etwas?

Nein – die Beantragung eines Pflegegrads ist kostenfrei. Weder für das Ausfüllen des Antrags noch für die Begutachtung entstehen Gebühren. Wenn Sie sich Unterstützung holen, zum Beispiel bei der Pflegeberatung oder einem Sozialverband, ist auch das meist kostenlos oder wird über Mitgliedsbeiträge gedeckt.


Kann ich mich vorab beraten lassen? Wenn ja, wo?

Ja – und das ist sogar sehr empfehlenswert. Jede Pflegekasse ist gesetzlich verpflichtet, eine individuelle Pflegeberatung nach § 7a SGB XI anzubieten. Diese können Sie direkt telefonisch anfragen. Außerdem helfen zahlreiche Anlaufstellen wie Pflegestützpunkte (bundesweit, Sozialdienste der Krankenhäuser, Sozialverbände wie VdK oder SoVD, Diakonie und andere freie Träger und kommunale Beratungsstellen.Gerne unterstützen auch wir vom Pflegedienst Ebell Sie bei allen Fragen rund um die Beantragung des Pflegegrads.


Wie unterscheidet sich ein Antrag zur Höherstufung der Pflegeklasse vom Erstantrag?

Ein Antrag auf Höherstufung kann gestellt werden, wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert oder die Selbstständigkeit deutlich abgenommen hat. Die Vorgehensweise ähnelt dem Erstantrag – nur mit dem Unterschied, dass die Pflegekasse den bestehenden Pflegegrad bereits kennt.

 

Wichtig ist, dass Sie konkret begründen, warum eine neue Einstufung notwendig ist. Zeigen Sie auf, was sich verändert hat. Ein aktuelles Pflegeprotokoll und ein ärztlicher Bericht helfen, diese Veränderungen zu belegen.


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